Unter Sauriern - Anke Brandt

Momentaufnahmen meines literarischen Wirkens
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Gloomy Tomb
Unter Sauriern
Ein Zeitreise-Abenteuer

»Seit Tagen warten wir nun, ich habe es satt. Ich gehe jetzt zur Polizei und gebe eine Vermisstenmeldung auf!« Marlene Boldt war mit ihren Nerven am Ende. Es war ja nicht das erste Mal, dass ihre Zwillinge mit ihren Freunden unterwegs waren, aber bisher waren sie immer zur verabredeten Zeit zurückgekehrt. Dieses Mal aber hatte sie seit acht Tagen nichts von ihnen gehört, und auch wenn das Verhältnis zu ihren studierenden Kindern nicht mehr das Beste war, war dies doch ungewöhnlich.
 
»Ach komm, Lene, sie werden sich noch amüsieren. Vielleicht haben sie auch keine Möglichkeit anzurufen, du weißt doch, wie das ist … In der Pampa werden sie kein Telefonnetz haben, lass ihnen doch den Spaß«, versuchte Michael Boldt seine Frau zu beruhigen.
 
»Spaß?«, ereiferte sie sich. »Da hört der Spaß auf. Solange sie die Füße unter unseren Tisch stecken, solange habe ich doch wohl ein Recht darauf, zu erfahren, was sie treiben und wie es ihnen geht.«
 
»Lene, die Kinder sind 24 Jahre alt. Sie werden schon wissen, was sie tun …«
 
»Pah! Das sieht ihnen nicht ähnlich und ich werde diese Unruhe nicht los. Wenn ich weiter hier sitze und nichts unternehme, werde ich wahnsinnig. Spürst du es denn nicht auch, dass da etwas nicht stimmt?«
 
Michael dachte kurz nach und musste zugeben, dass auch er beunruhigt war.
 
»Also gut, schaden kann es nicht. Lass uns zur Polizeiwache fahren.«
 
Marlene atmete auf. Endlich konnte sie etwas gegen dieses merkwürdige Gefühl, welches sich ihrer bemächtigt hatte, unternehmen.
 
»Seit über einer Woche?«, fragte der wachhabende Polizist.
 
»Ja«, antwortete Marlene aufgeregt, »und kommen Sie mir jetzt nicht auch noch damit, dass die Kinder erwachsen sind. Das weiß ich selber, dennoch mache ich mir Sorgen. Das …«
 
»Frau Boldt, beruhigen Sie sich. Wir nehmen die Vermisstenanzeige auf und tun alles, was möglich ist, um Ihre Kinder zu finden. Sie erzählen mir am besten erst einmal genau, wann Sie Ihre Kinder zuletzt gesehen haben und was sie geplant hatten.«
 
Marlene und Michael Boldt schilderten abwechselnd vom Vorhaben ihrer Kinder. Dass sie eine Abenteuertour durch die Wälder machen wollten, um Material für ihr Studium zu sammeln. Stefan und Marie studierten unter anderem Paläontologie an der Goethe Universität in Frankfurt und hatten natürlich von der ehemaligen Tongrube in Halberstadt gehört. Zwar war diese heute nicht mehr existent, weil dort Wohnhäuser gebaut worden waren, aber sie hofften, dass sie in der näheren Umgebung vielleicht noch Spuren von Fossilien finden würden. Und um der Reise den Hauch von Urlaub zu verleihen, wollten sie natürlich auch den nahegelegenen Harz erkunden. Vor nun mehr über drei Wochen hatten sie die Reise zusammen mit zwei Freunden angetreten und seit acht Tagen warteten Marlene und Michael Boldt auf ihre Rückkehr oder zumindest auf einen Anruf.

***

»Na dann, machen wir uns auf den Weg. Folgen wir den Spuren von Percy Fawcett«, rief Stefan aus und warf sich einen Rucksack über die Schulter.
 
Marie überlief es bei diesen Worten eiskalt. Sie wies ihren Bruder zurecht. »Spinnst du? Mal den Teufel nicht an die Wand!«
 
»Was ist denn los? Habe ich was Falsches gesagt?« Stefan verstand Maries Reaktion nicht.
 
»Ja, hast du«, fauchte sie. »Percy Fawcett war nicht einfach nur das Vorbild, nach dem angeblich Indiana Jones entstand, wie du wahrscheinlich annimmst. Percy Fawcett verschwand spurlos während seiner letzten Forschungsreise durch den brasilianischen Urwald. Wenn du verstehst, was ich meine?«
 
»Schon gut, Marie. Ich glaube, Stefan wollte nur zum Ausdruck bringen …«, versuchte Alexander zu beschwichtigen. Marie winkte ab. Sie wusste selber, wie albern ihre Reaktion war, doch eine innere Unruhe hatte sich ihrer bemächtigt, die sie sich nicht erklären konnte. Sie nahm ihre Tasche und ergriff Stefans Hand.
 
»Dann auf, wir müssen in diese Richtung«, sagte Alex und ging los. An seiner Seite war Tom, die Zwillinge folgten ihnen.
 

Das Gelände war absolut unwegsam. Nichts deutete auch nur auf einen Pfad hin. Die Studenten mussten sich jeden Schritt mühsam erkämpfen. Es schien, als wären sie die ersten Wesen, die einen Fuß in diesen Wald setzten, der optisch beinahe an den südamerikanischen Regenwald erinnerte, dem aber die dort herrschende hohe Luftfeuchtigkeit fehlte. Es war angenehm warm, aber trocken. Die Geräusche des Waldes waren eher spärlich zu nennen. Ganz still war es aber nicht.
 
»Ich finde es hier unheimlich«, stieß Marie hervor, nachdem sie zusammen mit Stefan einen dickeren Ast aus dem Weg geräumt hatte.
 
»Ach komm, wir haben weiß Gott schon Schlimmeres erlebt als das hier«, entgegnete Alex und dachte an vergangene Ausgrabungen, denen sie bei Wind und Wetter ausgesetzt gewesen waren.
 
»Spürt ihr das denn nicht?«, ließ Marie nicht locker. »Irgendetwas stimmt doch nicht. Es ist so … still. Müssten hier nicht die Vögel um die Wette pfeifen?«
 
Alle lauschten einen Augenblick.
 
»Du hast recht«, pflichtete Tom ihr bei. »Für so einen dichten Wald ist es tatsächlich sehr still.«
 
Die jungen Männer schienen nicht sonderlich beunruhigt zu sein. In Marie hingegen griff eine eiskalte Hand nach ihrem Herz …
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